Stand der Technik der Abwasserbehandlung
Die Freisetzung in ein Gewässer von unbehandeltem Abwasser aus der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung ohne Bewilligung (Genehmigung) einer Behörde ist im Hinblick auf die Ausführungen (siehe Blog: ENTSORGUNG – Abwasserbeseitigung) nur in seltenen Fällen möglich. Am ehesten erscheint sie zulässig bei Kleinvorhaben (gesamte zu behandelnde Gebäudeaußenfläche nicht größer als 300 m2), sofern lediglich mit reinem Kaltwasser ohne jegliche Verwendung von Reinigungs- oder Behandlungszusätzen gearbeitet wird und die Gebäudeoberfläche keine problematischen Verschmutzungen aufweist.
In allen anderen Fällen entspricht es dem Stand der Technik, neben den Maßnahmen aus der Bewilligung auch sonstige Maßnahmen zum Schutz des Grundwassers nach Maßgabe des Einzelfalls zu treffen.
Zu den „sonstigen Maßnahmen” zählen unter anderem:
1. Flüssigkeitsdichte großräumige Abdeckung jener unbefestigten Bodenoberflächen, die an das zu behandelnde Bauwerk unmittelbar anschließen
2. Flüssigkeitsdichter Verschluss von Einlaufschächten einer Niederschlagswasserkanalisation
3. Einsatz wassersparender Reinigungsverfahren (z. B. Sprühkopfsystem)
4. Einsatz von Rinnen- oder Wannensystemen zur Sammlung des Abwassers
5. Bestimmungsgemäßer und sparsamer Einsatz von Arbeits- und Hilfsstoffen
Die Einleitung von Abwasser aus der Gebäudereinigung in ein Fließgewässer erfordert in der Regel die Errichtung und den Betrieb einer bewilligungspflichtigen Abwasserreinigungsanlage, in welcher unter anderem
- Feststoffe abgeschieden,
- pH-Werte korrigiert,
- Schwermetalle aus der Reinigung oder Behandlung metallischer Fassaden entfernt,
- Kohlenwasserstoffe, Öle und Fette etc. entfernt werden.
Bei Einleitung des Abwassers in eine öffentliche Schmutzwasser- oder Mischwasserkanalisation reduziert sich der Aufwand für die Abwasserbehandlung meist signifikant, da die Reinigungskapazität einer angeschlossenen biologisch arbeitenden öffentlichen Kläranlage in der Regel ausreicht, die zu erwartenden Frachten an organischen Abwasserinhaltsstoffen aus der Gebäudereinigung zu eliminieren. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass das Abwasser einer Vorbehandlung unterzogen wird. (z. B. Öl- und Fettabscheider, Kläranlage)
Öl- und Fettabscheider
Öle und Fette dürfen nicht in die Kanalisation gelangen, daher ist es in Bereichen, in denen derartige Verunreinigungen zu erwarten sind (Industrie-, KFZ,-, Großküchen etc.) notwendig, dass Abwasser über 01- und Fettabscheider zu entsorgen. Für den Gebäudereiniger ist es in diesen Fällen wichtig, auf schnelltrennende Reinigungsmittel zurückzugreifen. Schnelltrennende Reinigungsmittel bestehen aus Tensiden, die in der Lage sind, zuvor gebundene Öl und Fettteile schnell wieder abzugeben, um die einwandfreie Funktion des Öl- oder Fettabscheiders sicherzustellen.
Im Abscheider gelangt das Abwasser zuerst in den Schlammfang. Aufgrund der Fließstrecke und des Nutzinhaltes kommt es zu einer Beruhigung des Abwassers und einem Absinken der Feststoffe. Anschließend strömt das Abwasser in den Abscheidebereich des Abscheiders. Aufgrund der vorhandenen Eintrittsöffnung an der Stirnseite des Abscheiders wird der Öl-/Wasserstrom umgelenkt. Dadurch entsteht eine Strömung in Richtung Sammelschicht der Ölabscheideroberfläche. Große Öltropfen werden so sofort und rasch nach oben an die Oberfläche geführt. Anschließend strömt das Wasser, in welchem sich noch kleine Öltröpfchen befinden, in den Restölabscheideteil des Abscheiders. Ein Tauchrohr im Austritt verhindert das Austreten von Öl aus der Ölsammelschicht in die Kanalisation.
Kläranlage
Moderne biologische Kläranlagen arbeiten in drei Stufen:
- Mechanische Stufe
Das Abwasser wird zunächst durch einen Rechen geleitet, um grobe Partikel heraus zu sieben. Anschließend werden im Sandfang kleinere Partikel entfernt und schließlich im Vorklärbecken durch Absetzung weitere ungelöste organische Stoffe abgetrennt. Der entstandene Rohschlamm wird beseitigt und weiterbehandelt. Die mechanische Stufe entfernt ca. 30 % der Schmutzsubstanzen.
- Biologische Stufe
Hier werden Mikroorganismen in einem aeroben Abbauprozess dazu eingesetzt, die organischen Schmutzstoffe als Nahrung zu verstoffwechseln. Dies geschieht im Belebungsbecken• Die Mikroorganismen bilden den sogenannten Klär- oder Belebtschlamm. Der sich durch Vermehrung bildende Überschussschlamm wird weiterbehandelt, der Rest nach der Absetzung im Nachklärbecken in das Belebungsbecken rückgeführt. In der biologischen Stufe werden in den heutigen Kläranlagen auch die Stickstoffverbindungen Ammonium, Nitrate und Nitrite entfernt.
- Chemische Stufe
Die chemische Stufe dient in erster Linie der Entfernung von Phosphorverbindungen, auch der Elimination von Restfrachten der organischen Verschmutzungen, welche die biologische Stufe passiert haben. Meist werden Phosphate durch Fällung bzw. Flockung mit Eisensalzen beseitigt. Das geklärte Wasser kann nun in den Vorfluter, d. h. in ein Gewässer abgegeben werden.
Die Schlämme, die bei der Abwasserreinigung entstehen, werden eingedickt, um eine Reduzierung des Volumens zu erreichen. Meist geschieht dies in speziellen hydraulischen Pressen. In den Faulbehältern wird der eingedickte Schlamm unter anaeroben Bedingungen bei ca. 37 Grad Celsius vergoren. Dabei entsteht Methangas, das in einem Gasbehälter gesammelt und weiterverwertet wird. Klärschlamm kann je nach Schadstoffgehalt später auch als Düngemittel oder Bodenstrukturverbesserungsmittel verwendet werden. Bei zu hohem Gehalt an umweltschädlichen Stoffen muss er verbrannt werden.
Tensidabbaubarkeit
Der biologische Abbau von Tensiden ist ein wichtiger Beitrag zur Reinhaltung unserer Gewässer. Tenside, die ungehindert in Verkehr gebracht werden dürfen, müssen eine vollständige aerobe Bioabbaubarkeit (Totalabbaubarkeit) von 60 % nach einer Testdauer von 28 Tagen aufweisen. Die aerobe primäre Bioabbaubarkeit soll 80 % betragen. Als Referenznachweismethoden sind unter anderem der C02-Headspace-Test und der GF-Test (Geschlossener Flächen- bzw. Closed Bottle Test) vorgegeben. Für Tenside, die diese Kriterien nicht erfüllen, muss der Hersteller eine Ausnahmegenehmigung beantragen.
Anforderungen an die Abbaubarkeit sonstiger Inhaltsstoffe von Reinigungsmitteln
Wasserlösliche Lösungsmittel
- wenig bis ungiftig für Wasserorganismen
- leicht biologisch abbaubar
Wasserunlösliche Lösungsmittel
- dürfen nicht in den natürlichen Wasserkreislauf eingeleitet werden.
- müssen nachweislich bei Sammelstellen entsorgt werden.
Anorganische Säuren und Laugen
- ungiftig nach Neutralisation
- Sonderfall: Phosphorsäure und Phosphate (Eutrophierung)
Organische Säuren und Laugen
- ungiftig bis wenig giftig nach Neutralisation
- vollständig biologisch abbaubar
Polymere, Wachse
- ungiftig bis wenig giftig
- nach Möglichkeit biologisch abbaubar
- Elimination in Kläranlagen durch Adsorption an den Klärschlamm
Öle, Lacke
- abgebunden: Restmüll
- flüssig oder pastös: Müssen nachweislich bei Sammelstellen entsorgt werden.
Quellen:
Bundesinnung der chemischen Gewerbe und Denkmal- Fassaden- und Gebäudereiniger [Hrsg.] Reinigungstechnik – Handbuch für Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung, 2. Auflage, Juni 2021, Seite 108 – 112